
Belüftungskriterien für Lager von Chemikalien
Chemikalienlager sind strategische Bereiche, die aufgrund des hohen Risikos mit speziellen ingenieurtechnischen Ansätzen geplant werden müssen. In diesen Bereichen, in denen brennbare, entzündliche, toxische oder reaktive Stoffe zusammen gelagert werden, sind Belüftungssysteme nicht nur für Klimatisierung oder Komfort wichtig, sondern auch lebenswichtig zur Verhinderung von Explosionsrisiken, zum Schutz der Gesundheit des Personals, zur Begrenzung der Umweltauswirkungen und zur Einhaltung gesetzlicher Vorschriften.
In diesem Zusammenhang sind HVAC-Lösungen, die mit den Disziplinen Maschinenbau und Energietechnik integriert sind, eines der wichtigsten Werkzeuge zur Gewährleistung der Sicherheit der Lagerumgebung.
Risiko-Profil von Chemikalienlagern
Die in solchen Lagern aufbewahrten Stoffe können gasförmig, flüssig oder fest sein. Ihre gemeinsame Eigenschaft ist jedoch die Fähigkeit, gefährliche Reaktionen einzugehen, zu verdampfen und die menschliche Gesundheit zu gefährden. Daher:
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Können sie flüchtige organische Verbindungen (VOC) freisetzen,
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Können sie entzündliche und explosive Atmosphären (ATEX) erzeugen,
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Können sie bei Einatmung akute oder chronische Vergiftungen verursachen.
Diese Risiken erfordern, dass Belüftungssysteme kontrolliert, kontinuierlich, überwachbar und auf Notfallszenarien abgestimmt sind.
Grundlegende Ziele des Belüftungssystems
Belüftungssysteme in Chemikalienlagern müssen folgende lebenswichtige Funktionen erfüllen:
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Entfernung toxischer und brennbarer Gase aus der Umgebung,
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Beseitigung von Oberflächenverdunstungen,
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Ständige Bereitstellung von frischer und atembarer Luft,
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Senkung der Konzentration explosiver Gase unter die untere Explosionsgrenze (LEL),
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Verminderung von Brand- und Explosionsrisiken,
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Bereitstellung der Umweltüberwachung durch Sensoren.
Entwurfskriterien für Belüftungssysteme
a) Luftwechselrate (ACH) und Volumenstromberechnung
Die minimale Luftwechselrate in Lagern hängt von der Art des gelagerten Stoffes ab:
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Lagerung brennbarer Flüssigkeiten: 6–10 ACH
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Lagerung toxischer Gase: 10–15 ACH
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Säure-/Basenchemikalien: 8–12 ACH
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Inerte Materialien (niedriges Risiko): 2–4 ACH
Bei der Berechnung des Volumenstroms sollten folgende Parameter berücksichtigt werden:
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Lagerraumvolumen (m³),
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Art des verwendeten Behälters/Fasses,
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Temperatur und Verdunstungsrate,
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Risiko-Szenarien für Gasaustritte.
Aus energietechnischer Sicht werden Systeme mit variabler Luftmenge (VAV) bevorzugt, um Energieeinsparungen während Spitzenzeiten zu ermöglichen.
b) Abluftpunkte und Ansaughöhe
Chemikalien verhalten sich je nach Molekulargewicht unterschiedlich:
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Leichte Gase (z. B. Ammoniak) steigen auf → Abluft sollte oben abgesaugt werden
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Schwere Gase (z. B. Chlor, LPG) sinken → Abluft sollte bodennah erfolgen
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Toxische Gase → Abluft darf nicht direkt in die Atmosphäre entlassen, sondern muss gefiltert werden
Daher muss das Abluftsystem mit spezieller Ansaughöhe und Verteilung für jede Chemikalie geplant werden.
Filtrations- und Gasreinigungssysteme
Wenn die Abluft direkt in die Umwelt abgegeben wird, können Umweltrisiken entstehen. Deshalb sollten Gasemissionen vor der Freisetzung gereinigt werden.
Filtrationssysteme umfassen:
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Aktivkohlefilter: für organische Dämpfe und Gerüche
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Säuregasabsorber: Gase wie HCl, SO₂, NOx
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Chemische Waschsysteme: Reinigung mit wasserbasierten oder reaktiven Flüssigkeiten
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Partikelfilter (HEPA/G4): Entfernung von Staub, chemischen Kristallen und Aerosolen
Diese Systeme müssen regelmäßig gewartet und automatisch mit Druckabfall-Sensoren überwacht werden, mit entsprechender Wartungsplanung.
Explosionsschutzmaßnahmen (ATEX-Konformität)
Wenn sich brennbare Gase und Dämpfe ansammeln, wird die Lageratmosphäre zu einem explosionsgefährdeten Bereich. Daher:
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Müssen nach ATEX-Richtlinie zugelassene Lüfter und Motoren (Ex-geschützt) verwendet werden,
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Müssen Lüfterblätter funkenfrei, antistatisch und korrosionsbeständig sein,
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Muss das Abluftsystem geerdet und vor Blitzeinschlag geschützt sein,
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Müssen Lüftermotoren synchron mit Gasdetektoren automatisch betrieben werden.
Diese Maßnahmen sind nicht nur für die Systemsicherheit, sondern auch für die Erfüllung gesetzlicher Pflichten entscheidend.
Automatisierung, Sensoren und Notfallszenarien
Moderne HVAC-Systeme bieten neben mechanischen Funktionen auch Datenerfassung, Überwachung und automatische Eingriffsmöglichkeiten. Demnach sollten folgende Komponenten integriert sein:
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Gasdetektoren (LPG, Ammoniak, Aceton, CO usw.),
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LEL-Messer (Untere Explosionsgrenze),
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Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren,
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Ausfallalarme für Lüfter,
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Drucksensoren und Filterverstopfungsanzeigen.
Diese müssen in zentrale Automatisierungssoftware eingebunden werden.
Im Notfall soll das System:
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Bei steigendem Gaskonzentrationsniveau automatisch anspringen,
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Akustische und visuelle Warnungen geben,
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Automatischen Lüftungsmodus (maximaler Volumenstrom) aktivieren.
Energieeffizienzbewertung
Belüftungssysteme in Chemikalienlagern müssen oft durchgehend laufen, was einen hohen Energieverbrauch bedeutet. Folgende technische Lösungen können den Verbrauch reduzieren:
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Drehzahlregelung der Lüfter mittels Frequenzumrichtern (VSD),
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Modulierter Betrieb basierend auf CO₂- oder Gassensoren,
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Wärmerückgewinnungssysteme,
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Zeitgesteuerte Betriebsmodi.
Diese Maßnahmen können jährliche Betriebskosten um 25–40 % senken.
Gesetzliche Vorschriften und Normen
Chemikalienlager unterliegen zahlreichen nationalen und internationalen Vorschriften. Die Belüftungssysteme müssen folgenden Regelwerken entsprechen:
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TS EN 60079 (ATEX): Geräte für explosionsgefährdete Bereiche,
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Brandschutzverordnung für Gebäude,
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Umweltgenehmigungs- und Lizenzverordnungen – Emissionsstandards,
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Verordnung zur Messung der Arbeitsplatzluftqualität,
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ASHRAE 62.1 / NFPA 30 / OSHA 1910.106: Belüftungskriterien für Chemikalienlager.
Nichteinhaltung kann zu Umweltstrafen, Arbeitsschutzverstößen und sogar Todesfällen führen.
Sichere Lagerung beginnt mit richtiger Belüftung
Die Belüftung in Chemikalienlagern ist nicht nur ein unterstützendes System, sondern die primäre Verteidigungslinie zur Kontrolle von Risiken an der Quelle. Für ein erfolgreiches Belüftungssystem gilt:
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Korrekte Luftwechselraten gemäß Lagereigenschaften festlegen,
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Filter- und Abluftinfrastruktur entsprechend der Gefahrenklasse installieren,
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ATEX-konforme Sicherheitssysteme integrieren,
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Das System für Dauerbetrieb unter Energieeffizienzgesichtspunkten auslegen.
Der Schlüssel für sichere, nachhaltige und gesetzeskonforme Verwaltung von Chemikalienlagern sind korrekt geplante und präzise betriebene Belüftungssysteme.
İlker KURAN
Alperen Mühendislik GmbH